It’s about Putin!

Es ist Krieg in Europa. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim im Jahr 2014 hat sich die Regierung im Kreml in der vergangenen Woche entschlossen, den Rest der Ukraine ebenfalls zu attackieren. Nicht versteckt, nicht mehr nur mit Geheimdienstoperationen, Informationskrieg und Söldnern. Nein, ganz offen. Mit Bodentruppen, Bomben und Raketen, die nicht nur militärische Ziele, sondern auch zivile Infrastruktur und Wohngebiete angreifen. Sogar mit dem Einsatz von Atomwaffen wird gedroht. Es droht ein brutaler Häuserkampf, wie er zuletzt in syrischen Städten wie Aleppo zu beobachten war. Eine Tragödie. Eine Tragödie für die Menschen in der Ukraine. Und eine europäische Tragödie eines Ausmaßes, wie sie sich meine Generation nicht hat vorstellen können.


Zusammen gegenhalten

Die Schuldfrage lässt sich so klar beantworten, wie es in internationalen Konflikten sonst selten der Fall ist. Der allergrößte Teil der Staatengemeinschaft verurteilt die putinschen Großmachtsphantasien, die Träume eines neuen Zarenreichs, aufs Schärfste. Die westliche Welt positioniert sich einig wie nie, steht an der Seite der Ukraine. Hier droht kein neuer kalter Krieg, keine Teilung der Welt. Nur die treuesten Verbündeten, Länder wie Nordkorea und Eritrea, halten zum russischen Regime.

Der Westen verhängt abgestimmt weitreichende Sanktionen, die in erster Linie die Machthabenden und wirtschaftlichen Eliten, die die politische Führung stützen, treffen sollen. Hier stehen wir gerade erst am Anfang und dennoch ist klar, dass die Maßnahmen auch andere treffen werden. Zum einen die Menschen in Europa, etwa durch steigende Energiepreise. Zum anderen, und zwar um ein Vielfaches härter, die Menschen in Russland. Viele laufen derzeit von Geldautomat zu Geldautomat, um ihr Vermögen zu Hause in Sicherheit zu bringen. Der russische Leitzins wurde auf 20% angehoben. Kartenzahlungssysteme funktionieren nicht mehr. Die Bevölkerung wird mit stark steigenden Preisen konfrontiert werden. Und es ist ihr kaum noch möglich, sich über die Vorgänge unabhängig zu informieren.

Nahezu alle Medien, online wie offline, sind unter der Kontrolle des Kremls. Die Russ*innen bekommen Nachrichten präsentiert, die aus unserer Sicht Märchenerzählungen gleichkommen. Die westlichen Sanktionen werden dort als Angriff auf das russische Volk eingeordnet, dass man derzeit auch auf ukrainischem Territorium beschützen müsse. Es besteht die Gefahr, dass es Putin gelingt, die Leute in einem patriotischen Wir-gegen-den-Rest-der-Welt-Gefühl hinter sich zu versammeln. In vielen Städten Russlands demonstrieren Menschen gegen den Krieg. Das ist verboten, offiziell wegen der Pandemie. Demonstrant*innen werden eingeschüchtert und verhaftet – dennoch gehen sie weiter auf die Straße.

Der Westen wird Putin nicht besiegen können. Militärisch schon gar nicht. Einzig die russische Zivilgesellschaft kann ihrem Diktator wirklich gefährlich werden. Dabei müssen wir sie unterstützen. Indem wir uns solidarisch zeigen mit Allen in der Ukraine und in Russland, die sich gegen die Invasion stellen. Indem wir das Handeln der russischen Regierung klar verurteilen und sanktionieren, uns aber nicht gegen die Russ*innen als solche wenden. Und indem wir mit offenen Armen bereitstehen, sobald Russland unter neuer Führung den Kontakt sucht.

 

Nicht Russland ist böse, Putin ist es.

 

Autor:

Felix Wilsberg