Freiheit und Leben kann man uns nehmen – die Ehre nicht!


Auch nach all der Zeit noch immer eindrucksvolle Worte. Und zur Zeit ihrer Äußerung alles andere als eine leere Phrase. Gesprochen hat sie Otto Wels am 24. März 1933 im Angesichte des beginnen NS-Terrors in seiner Reichstagsrede gegen das Ermächtigungsgesetz.

Doch wer war dieser Mann? Geboren wurde Otto Wels 15.09.1873 in Berlin. Er wuchs im zwei Jahre zuvor gegründeten Deutschen Reich in einer Zeit auf, als die Sozialdemokratie unter der staatlichen Verfolgung und Unterdrückung durch die bismarckschen Sozialistengesetze litt. Hier besuchte er bis 1891 die Volksschule und absolvierte eine Ausbildung zum Tapezierer. In diesem Jahr trat er auch in die SPD ein.

Später besuchte er die Parteischule der SPD und begann 1907 als Parteisekretär in Brandenburg und für die Parteizeitung „Vorwärts“ zu arbeiten. 1912 zog er für den Brandenburgischen Wahlkreis Calau-Luckau in den Reichstag ein; im folgenden Jahr wurde er Mitglied im Parteivorstand.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs engagierte Wels sich in Berlin und war dort zeitweise Stadtkommandant. Im Folgenden bereitete er die verfassungsgebende Nationalversammlung mit vor, zu deren Mitglied er 1919 gewählt wurde. Im selben Jahr wurde er auch Parteivorsitzender der SPD. Dem Reichstag gehörte er während der gesamten Weimarer Republik an, so auch dem letzten mehr oder minder frei gewählten im Jahr 1933.

Bereits im Wahlkampf war die SPD massiven Repressalien ausgesetzt, vor denen auch Wels zeitweise in das österreichische Salzburg floh, jedoch Anfang März nach Berlin zurückkehrte. Hier ließ er es sich am 24. März auch nicht nehmen selbst in der letzten freien Rede im Reichstag die Ablehnung der SPD als einziger Partei zum Ermächtigungsgesetz zu begründen. Er tat dies mit eindrucksvollen Worten, war sich jedoch auch den Folgen der NS-Herrschaft für seine Partei bewusst:

„Das Sozialistengesetz hat die Sozialdemokratie nicht vernichtet. Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen. Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft.“

Vor eben jener Verfolgung und Bedrängung musste auch Otto Wels bald darauf aus Deutschland fliehen, wo er erst aus Prag, später aus Paris den Widerstand der Exil-SPD mit leitete. Dort verstarb er 1939, kurz vor der Besatzung Frankreichs durch die Wehrmacht. Vielen seiner Fraktions- und Parteikollegen gelang diese Flucht nicht; sie konnten oder wollten Deutschland nicht verlassen und litten unter dem Terror des Dritten Reichs; nicht wenige kamen dabei zu Tode.